Erinnerung an Helmut Lotz | Verlag Die Werkstatt Direkt zum Inhalt
news vom 05.11.2020

Erinnerung an Helmut Lotz

Dietrich Schulze-Marmeling, Foto: Johannes Hölker

Helmut Lotz ist tot. Diese traurige Nachricht erhielten wir heute. Er ist am Wochenende nach langer schwerer Krankheit gestorben, und mit ihm haben wir einen bewundernswerten, langjährigen Wegbegleiter unseres Verlages verloren.

Helmut, Jahrgang 1955, ein gelernter Buchhändler, arbeitete als freier Herausgeber, Lektor und Korrektor für mehrere Verlage, vor allem dtv. Für den Werkstatt-Verlag betreute er, gemeinsam mit dem Kollegen Kai Precht, die Reihe „Gerichte und ihre Geschichte“, die über viele Jahre auf 30 Bände anwuchs (inzwischen angesiedelt bei „Die Werkstatt Medienproduktion“). Es sind Bücher mit Rezepten aus allen Teilen der Welt, die neugierige Leser die Kochkultur einer Region sinnlich entdecken lassen.

„Neugier“ und „Entdecken“, das waren auch die Stichworte für Helmuts Engagement mit der edition diá. Er betrieb sie ab 1984, zunächst mit Edgar Ricardo von Buettner, später auch mit Kai Precht. Neben Büchern über Kultur und Gesellschaft in Ländern der „Dritten Welt“ erschienen bei der edition zahlreiche Biografien über Menschen mit Lebensentwürfen abseits des Mainstreams. Beispielsweise die Geschichte der Lotti Huber („Diese Zitrone hat noch so viel Saft“), einer bemerkenswerten Frau, die als Kind ein KZ durchlebte, später in Nachtclubs tanzte und schließlich als Darstellerin in Rosa von Praunheims Filmen mit 75 Jahren noch zum Star wurde.

Dieser Titel wurde ein echter Bestseller – eine Rarität im Programm der edition diá, denn dieser Verlag schaute nicht auf die großen Umsätze, sondern auf das Besondere, das es zu entdecken, zu würdigen und als Buch zu bewahren galt. Literarische Kostbarkeiten waren ebenso darunter wie Satirisches von Georg Kreisler oder Hanns Dieter Hüsch. Auch Wagemutiges, wie eine 21-bändige Werkausgabe des großen französischen Romanciers Emmanuel Bove.

Die ständige Lust am bibliophilen Schaffen, das war es auch, was Helmut die Kraft gab, gegen seine Krankheit anzukämpfen. Er war bis zuletzt verlegerisch aktiv – ein kluger, sympathischer, bescheidener und zugleich hellwacher Kollege. Auf der Website der edition diá steht als Leitmotiv des Verlages ein Satz, der sicherlich auch für Helmut Lotz persönlich gilt: „Die Lust, andere Kulturen kennenzulernen, ist keine Flucht in exotische Gefilde, sondern Neugier, die Suche nach anderen Sichtweisen, Denkweisen, Lebensentwürfen.“